Und, wie war’s?

„Na, wie war der Urlaub?“ – „Habt Ihr Euch gut erholt?“ – Diese Frage, von Freunden und Kollegen nach dem Sommer vielfach höflich und wohlwollend gestellt, hat für uns und die, die uns näher stehen, in diesem Jahr eine besondere Bedeutung – ging es doch um die erste Testfahrt und erste Erlebnisse mit unserem neuen LKW auf einer Tour nach Sardinien.

Das Campen

Kurz gesagt: alles anders! Einerseits sind wir sehr viel unabhängiger als bisher mit dem Defender. Strom- und Wasserversorgung, Reichweite von Diesel und Lebensmitteln und nicht zuletzt der Platz im Fahrzeug sind um ein Vielfaches größer, und für einen offiziellen Campingplatz gibt es schlichtweg kaum noch einen Grund. Entsprechend selbstverständlicher haben wir „wild“ gecampt – und hatten dabei (und das ist andererseits ebenso ungewohnt) so viel mehr Komfort zur Verfügung als bisher. Gespräche mit Inhalten wie „haben wir noch ein MAGNUM im Tiefkühlfach?“, „ich habe das Après-Sun wieder in den Spiegelschrank im Bad gelegt“, „gehst Du vor oder nach dem Abendessen noch duschen?“ oder „die Klimaanlage läuft nochmal für eine Stunde, es ist so warm hier drin…“ fanden in der Vergangenheit schlicht so nicht statt …

Wagt man sich doch auf einen Campingplatz – und das haben wir auch versucht, um uns ein paar Tage faul ausbreiten zu können und Strand wie Restaurant gleich vor der eigenen Türe zu haben – ist auch dort alles anders. Auf dem Campingplatz anzukommen und in Schrittgeschwindigkeit mit satt blubberndem Motor langsam an großen und kleinen, aber immer weißen Wohnmobilen vorbei zu seinem Platz zu rollen, während hinter einem langsam die Blätter von den zu niedrigen Bäumen zu Boden rieseln und die Reifenspuren gefühlt erst nach dem nächsten Starkregen wieder verschwinden, fühlt sich ungefähr so an, als würde man als Elefant im Zoo gleich neben den Flamingos neu einziehen. Die Blicke der anderen Camper begleiten einen ebenso irritiert wie ungläubig – aber; kommt man ins Gespräch, sind die Rückmeldungen immer positiv, und mehr als einmal haben wir gehört, ein solches Fahrzeug sei immer schon auch der eigene Traum gewesen.

Und überhaupt, der Auftritt …

Dass man mit seinem Fahrzeug immer und überall auffällt, wird einem beispielhaft bewusst, wenn sich plötzlich acht Ragazzi aus drei Generationen samt Espressi und Bistrostühlen am Straßenrand zu einem umdrehen, sobald man vorbeifährt. Oder wenn der Fünfjährige am Ärmel seines Vaters zerrt und auf Mzungu zeigt wie auf den T-Rex im Vergnügungspark – nur mit dem Unterschied, dass der Vater auch nicht so recht erklären hat, was er hier vor sich hat. Oder wenn die junge Dame auf der Sandpiste zurück vom Strand hektisch die Warnblinkanlage einschaltet und ihr Heil beinahe in der nächsten Hecke sucht, nachdem sie uns plötzlich hinter der nächsten Kurve erblickt. Und auf dem Parkplatz am Strand angekommen fährt niemand, wirklich niemand schneller als im Schritttempo vorbei, jeder schaut herüber und von Mzungu werden gefühlt mehr Fotos gemacht als vom Aperol Spritz im Sonnenuntergang. Aus dem LKW herauszuschauen und dieses Schauspiel zu beobachten, ist mindestens so unterhaltsam wie umgekehrt.

Aber auch hier; trotz des extrovertierten Auftritts und den Einschränkungen für andere, mit denen unsere Anwesenheit mitunter verbunden war, sind uns ausnahmslos positive Rückmeldungen begegnet. Mehrfach am Tag haben wir einen Daumen nach oben gezeigt bekommen, der LKW wurde fotografiert, wahlweise mit oder ohne begeisterten italienischen Papa, und von zustimmendem Schulterklopfen ließen sich die Bewunderer wohl nur durch Corona abhalten. Es scheint, als würde das Fahrzeug – zumindest bei reisebegeisterten Zeitgenossen – oft den gleichen Nerv treffen wie bei uns.

Das Fahren

Fährt man durch die Ortschaften Sardiniens, fühlt man sich nicht nur ob der maroden Bausubstanz in die achtziger Jahre zurück versetzt. Auch der einheimische Fuhrpark scheint aus dieser Zeit zu stammen und ist meist nicht nur alt und ungepflegt, sondern vor allem eins – kompakt. Wenn die meisten Fahrzeuge im Ort originale Fiat Panda 4x4s sind, die sich mit Mzungu über ihre Jugendsünden unterhalten könnten, und wenn selbst der Ortsvorsteher mit seinem Dacia Duster nicht nur das größte, sondern auch das teuerste Auto im Ort fährt, dann fühlt man sich mit einem 3,7m hohen und 7,3m langen Wohnmobil doch relativ schnell deplatziert und fragt sich, welchem Irrsinn man hier eigentlich erlegen ist.

Wie zu erwarten, blieben uns auch die Erfahrungen nicht erspart, vor denen uns in Deutschland schon graute. Es galt, auf einer einspurigen Straße 500m zurück zu setzen, weil es am Ende doch kein Durchkommen gab – und das zwischen reichlich Fußgängern und anderen Fahrzeugen. Wir sind in Schrittgeschwindigkeit durch Büsche gefahren, die zugleich rechts, links und oben am Fahrzeug vorbeikratzten, weil der Weg nun mal im Sommer zugewachsen war. Wir haben auf einem Platz von nicht mal 8x10m gewendet – der obendrein abschüssig war und am einen Ende nach einem schmalen Geländer in einen senkrechten Abhang überging.

Und selbst die eigentliche Fahrtstrecke hatte es in sich; mitunter sind die Straßen so schmal, dass gleichzeitig der Randstreifen und die Mittellinie unter dem Auto verschwinden, während man damit beschäftigt ist, dem Gegenverkehr, Leitplanken und in die Fahrbahn ragenden Felsen auszuweichen. Über zwei, drei Stunden hinweg auf kurvigen Bergstraßen zu fahren, ist enorm anstrengend und wird es wohl immer bleiben. Keine dieser Erfahrungen hatten wir uns gewünscht – aber sie gehören zu einer solchen Tour und zu einem solchen Fahrzeug wohl nun einmal dazu.

Aber auch alles das hat funktioniert – mit erhöhtem Puls, aber ohne Schäden und ohne Verluste. Nicht ein einziges Mal wurden wir angehupt, immer hatten alle Wartenden mehr Geduld und mehr Ruhe als wir selbst, und letzten Endes war keine der Situationen ein wirkliches Problem.

Und Mzungu?

Unser Mzungu gab sich von unserer Hysterie über die erste gemeinsame Tour weitgehend unbeeindruckt. Weder 36 Grad Außentemperatur, noch Steigungen oder Geländepassagen brachten ihn aus der Ruhe. Es war immer der richtige Gang zur Hand, keine Kehre war zu eng; der Verbrauch war altersgemäß und die Leistung mehr als ausreichend. Mzungu war sich weder zu schade, in einer langgezogenen Steigung mit 83 km/h einen Wohnwagen hinter einem überforderten Fiat Multipla zu überholen, noch mit uns in aller Ruhe mit 3 km/h eine steinige Bergpiste hinaufzuklettern. Eine Gelassenheit, die man wohl nur mitbringt, wenn man selbst schon so viel Reiseerfahrung hat und viel herumgekommen ist.

Fahrzeug und Kabine harmonierten dabei sehr gut; die Gewichtsverteilung ist ausgeglichen, die Kabine ist relativ leicht, schaukelt sich im Gelände dank Federlagerung nicht auf und schiebt bergab nicht nach. Die Federung arbeitet vorn sehr aktiv, aber nicht zu weich; hinten ist die Abstimmung so souverän, dass man Gräben und Schrägen im Fahrerhaus kaum bemerkt. Das ganze Fahrzeug ist dabei sehr kurz und fährt sich auch so, der Wendekreis ist extrem gering und gerade die unteren Gänge sind so fein abgestuft, dass im Gelände die Grenzen weit gesteckt sind – so viel hat die erste Testfahrt schon gezeigt…

Was er nicht mag? Der Rückwärtsgang lässt sich mitunter nur nach gutem Zureden einlegen, und man sollte Mzungu daher immer mit ein paar Zentimetern Platz zum Rangieren nach vorn abstellen. Spurrillen und Senken läuft er etwas zu unreflektiert hinterher, und Fahren in zu niedriger Drehzahl quittiert er mit Leistungsverweigerung und einer schwarzen Wolke unverbrannten Kraftstoffs. Aber wer sich bewusst für eine langjährige Beziehung mit einem solch eigenen Charakter entscheidet, der darf sich auch nicht wundern, wenn dieser ein paar Eigenheiten mitbringt.

Und überhaupt; wir haben uns oft dabei ertappt, auf der Suche nach blinkenden Warnlampen sorgenvoll auf seine Anzeigen zu blicken, nur um festzustellen, dass alle Zeiger in der Mitte der Skalen sind und keine der Lampe blinkt. Gleichsam so, als ob er sagen wollte, „bei mir ist alles im grünen Bereich, ich mache hier nur meinen Job …“. Möge uns diese entspannte Beziehung lange erhalten bleiben.

Das Fazit

Ja, und wie war es denn nun? Was würden wir anders machen, welche Fehler haben wir bei Planung und Realisierung gemacht? Und wie reist es sich im LKW? Soweit wir das heute sagen können: Alles hätte nicht besser laufen können, und wir würden alles wieder genauso entscheiden. Natürlich gibt es eine Aufgabenliste von kleinen Änderungen und Verbesserungen, aber es ist nichts Grundsätzliches dabei.

Eine reine Entspannung war dieser Urlaub zwar nicht. Zu neu war das Fahrzeug, zu vielseitig und mitunter auch zu anstrengend die Erlebnisse und zu aufreibend die Situationen, die zu bewältigen waren. Gerade am Anfang der Tour haben wir teils mehrmals täglich unsere Komfortzone verlassen müssen und uns in Situationen befunden, die wir uns vorher lieber nicht vorgestellt hätten. Wir sind in dieser Zeit aber mit dem Fahrzeug zusammen gewachsen, haben uns besser kennen gelernt und auch ein Gefühl für die eigenen und für die gemeinsamen Grenzen entwickelt.

Zudem – und das wiegt schwerer: es gab diese Momente, in denen die Straße endlos hätte weitergehen können, wo Zeit keine Rolle mehr spielte und alles in perfekter Balance schien. Und für diese Momente wurde aus dem Urlaub eine Reise; aus den Erlebnissen wurden Erfahrungen; und aus der Erholung wurde Entspannung.

Und – alles zusammen wurde zur Verheißung, künftig noch viel längere und erlebnisreichere Fahrten mit Mzungu unternehmen zu dürfen als diesen ohnehin schon wunderbaren, ersten Urlaub.

Eine Zusammenfassung der Reise gibt es natürlich wieder als Video auf YouTube.

Praktische Führerscheinprüfung? Tick !

Bereits vor einigen Wochen haben wir auch die zweite Hürde genommen, um unser Expeditionsmobil fahren zu düfen – wenn es fertig ist.

Bei der Abfahrtkontrolle galt es zu beweisen, dass wir wissen wie wir Mängel am Fahrzeug erkennen und wie wir vorbeugend die Verkehrssicherheit des Fahrzeuges  sicherstellen. Kontrollgeräte, Beleuchtungseinrichtungen, Ladungssicherung, Bereifung etc. – aus jeder Kategorie gibt es Fragen.

Erst hat Christoph nach seiner Abfahrtkontrolle bei einer langen Fahrt über die Autobahn und über kleine Sträßchen im Dachauer Hinterland bewiesen, dass er einen großen LKW sicher fahren kann. Danach war Ina an der Reihe und hat neben der Autobahn auch den Münchner Stadtverkehr hinter sich gebracht.

Am Ende der Prüfung wurden unsere Führerscheine eingezogen (oh Schreck) und wir haben beide den neune Führerschein vom TÜV-Prüfer ausgehändigt bekommen (puh).

Praktische Fahrstunden

Nach bestandener Theorieprüfung und unserem Urlaub im Oman nehmen wir nun die ersten praktischen Fahrstunden für den Führerschen Klasse C, um unseren fertig aufgebauten Steyr eines Tages fahren zu dürfen.

Da wir den „alten“ Führerschein der Klasse 3 haben, müssen wir relativ wenig verpflichtende Fahrstunden nehmen: 3 Überlandfahrten, 1 Autobahnfahrt und 1 Nachtfahrt; wobei eine Fahrstunde 45 Minuten entspricht. Dazu kommen jedoch die Fahrstunden, die wir benötigen, um sicher mit dem LKW on-road unterwegs zu sein, um diesen einzuparken oder versetzt an eine Rampe zu rangieren – und natürlich die Zeit, um die vorgeschriebene Abfahrtkontrolle zu lernen.

Unsere erste Fahrstunde nehmen wir gemeinsam. Gerade am Anfang, wenn es um die Erklärung des Fahrzeugs und um ein paar grundlegende Handhabungen geht, macht das durchaus Sinn.

Christoph lenkt den 3,6 Meter hohen und 9,6 Meter langen 12-Tonner von SCANIA bereits ganz souverän durch Unterschleißheim, Garching und den Münchner Norden. Auch Ina fährt wacker durch kleine und große Strassen, durch Kreisel, Ampelstau und Überland-Strecken. Dabei ist das Schalten des LKW-Range-Getriebes (ein sogenanntes Nachschaltgetriebe) mit zwei Mal vier Gängen ebenso gewöhnungsbedürftig wie das späte Einlenken (wir sitzen nicht hinter, sondern anders als beim Auto auf der Vorderachse) und das Ausschwenken des ca. 3 Meter langen Fahrzeugüberhangs in die Gegenrichtung der Abbiegerichtung. Gefühlt braucht man 1.000 Augen. So kommen wir wegen dem langen Radstand mit der Hinterachse dem ein oder anderen Bordstein gefährlich nahe, und freuen uns über andere LKW-Fahrer, die uns anblinken, damit wir in aller Ruhe und ohne Hektik abbiegen können.

Auch wenn wir beim ersten Mal angespannt waren, hat macht es jedes mal mehr Spaß, den großen Brummi durch die Stadt zu lenken. In unserem Alltagsauto Mini kommen wir uns nach der Zeit im LKW immer wieder sehr klein vor.

Fahrschul-LKW1